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Massentierhaltung als Pandemie-Risiko

Viren befallen Tiere und gehen unter gewissen Umständen auf Menschen über. Das kann über Tröpfcheninfektion, den Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder den Verzehr von Fleisch erfolgen, ebenso wie bei der Vogelgrippe und der Schweinegrippe in den Jahren 2003 und 2009.

Bericht aus 2009

US-Forscher warnen im Hinblick auf eine mögliche Grippepandemie vor der Massentierhaltung. Einem Medienbericht zufolge stehen die größten Schweine- und Geflügelanlagen Europas in Deutschland.

Mainz. US-Forscher haben nach einem Bericht des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" im Hinblick auf eine mögliche Grippepandemie vor der Massentierhaltung gewarnt. Nach einer Studie zur Rolle der Massentierhaltung bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten hätten Experten der US-Gesundheitsinstitute (NIH) bereits 2006 vor Mutationen gewarnt, die die nächste Pandemie auslösen könnten, berichtete das Magazin am Montagabend.

 

Die Studie habe insbesondere auf die Gefahr einer Vermischung von Schweine- und Vogelgrippeviren hingewiesen, wie sie bei dem jetzigen Erreger der Schweinegrippe beobachtet werde. Die aktuelle Schweinegrippe war allerdings bei Schweinen zunächst gar nicht entdeckt worden. Erst am vergangenen Wochenende hatte die kanadische Lebensmittelbehörde CFIA das Virus weltweit erstmals in Schweinen nachgewiesen. Mit hoher Sicherheit habe ein Mexiko-Reisender nach seiner Rückkehr die Tiere infiziert, hieß es.

 

Weil bei der Massentierhaltung oft eine große Zahl von Tieren auf engem Raum konzentriert werde, fördere sie die schnelle Übertragung und Vermischung von Viren, zitierte das Magazin aus der US-Studie. "Es besteht die Sorge, dass eine Erhöhung der Zahl von Schweineanlagen in der Nachbarschaft zu Geflügelanlagen die Entwicklung der nächsten Pandemie weiter vorantreiben könnte", heiße es.

Auch andere US-Forscher sehen laut "Report Mainz" einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung pandemisch auftretender Viren und der Massentierhaltung. Eine Pandemie ist eine Epidemie, die sich über Länder und Kontinente hinweg ausbreitet.

 

Deutschland hat größte Massentierhaltungsbetriebe Europas.

Der von "Report Mainz" befragte US-Biologe Robert G. Wallace glaubt ebenfalls an eine Verbindung von Viren und Massentierhaltung. "Diese ‚Schweine- und Geflügelstätten’ sind das, was man als genetische Monokulturen bezeichnet. Das heißt, wenn eine Influenza in solch eine Monokultur hineinkommt, gibt es keinen immunologischen Schutzwall, der sie an der Ausbreitung hindert", sagte er dem Magazin.

 

"Es ist nicht H1N1, über das wir uns Sorgen machen müssen, es ist der Prozess, in dem sich weniger ansteckende Grippeviren zu hochansteckenden entwickeln.

»Weil die Massentierhaltung dazu neigt, eine große Zahl von Tieren auf engen Raum zu konzentrieren, fördert sie die schnelle Übertragung und Vermischung von Viren.«

 

Auch die UNO -Welternährungsorganisation FAO sieht in der Massentierhaltung schon seit Jahren ein unterschätztes Problem. Veterinärepidemiologe Joachim Otte hat 2007 eine Studie über die Gesundheitsrisiken der industriellen Tierhaltung erstellt. Das Ergebnis:

 

Joachim Otte, Veterinärepidemiologe FAO:

Joachim Otte

 

»Viren haben eine so kurze Generationszeit, und wenn man halt eine sehr große Zahl von Wirten hat für diese Viren, dann haben sie sozusagen Evolution im Zeitraffer, und je mehr Generationen ich habe, desto größer ist natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendwo eine Mutation durchsetzt, die dann pathogen sein kann für den Menschen.«

 

Also: Je mehr Tiere, desto schneller können Viren mutieren. Und so auch zum Krankheitserreger für Menschen werden. Massentierhaltung – eine Brutstätte für gefährliche Viren?

 

Der US-Biologe Robert G. Wallace beschäftigt sich seit Jahren mit Industrieller Tierproduktion und den Risiken durch veränderte Viren. Für ihn steht fest:

 

Robert G. Wallace, Biologe Universität Minneapolis:

Robert G. Wallace

 

»Es ist nicht H1N1 über das wir uns Sorgen machen. Es ist der Prozess, in dem sich weniger ansteckende Grippeviren zu hochansteckenden entwickeln. Und dieser Prozess wird im wesentlichen vorangetrieben indem man Hundertausende Stück Geflügel oder Schweine zusammenpfercht.«

 

Dennoch: In Deutschland ist der Trend zur Massentierhaltung ungebremst. Sandbeiendorf in Sachsen-Anhalt. In dieser Schweinzucht- und Mastanlage sind bis zu 65.000 Schweine zusammengepfercht.

 

In Ostdeutschland gibt es etliche solcher Anlagen. Es sind die größten Europas. Und weitere sind geplant, zum Teil noch größer als die bereits bestehenden.

 

Solche Anlagen werden mancherorts bedenkenlos nebeneinander angesiedelt. Bad Kleinen in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Mastanlage für 62.000 Schweine. Nur wenige hundert Meter entfernt: ein gigantischer Geflügelhaltungsbetrieb für Hunderttausende Tiere.

 

Genau vor dieser gefährlichen Nähe haben die amerikanischen National Institutes of Health 2006 gewarnt:

 

Zitat:

 

»Es besteht die Sorge, dass eine Erhöhung der Zahl von Schweineanlagen in der Nachbarschaft zu Geflügelanlagen, die Entwicklung der nächsten Pandemie weiter vorantreiben könnte.«

 

Fazit: Weltweit wird seit Jahren über Pandemierisiken im Zusammenhang mit Massentierhaltung diskutiert. Höchste Zeit, diese Diskussion auch in Deutschland zu führen.

Durch die Spanische Grippe (ein H1N1-Virus) gab es im Jahr 1918 der amerikanischen Seuchenbehörde CDC zufolge rund 50 Millionen Tote. Sie gilt bis heute als eine der schwerwiegendsten Pandemien, durch den laufenden Weltkrieg und den dadurch schlechten Gesundheitszustand der Weltbevölkerung konnte sie sich weltweit beinahe ungehindert verbreiten. Auch die Asiatische Grippe (H2N2), die 1957 grassierte, und die Hongkong-Grippe (H3N2), die im Jahr 1968 wütete, hatten jeweils rund eine Million Tote zur Folge.

 

Influenzaviren verbreiten sich jedes Jahr aufs Neue, weil sie sich permanent verändern. Jedes Jahr gibt es mehrere Abwandlungen der Krankheit, die gleichzeitig auftreten. Deshalb ist die Grippeimpfung umstritten.

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